«Klartext», März 2010

Die bearbeitete Öffentlichkeit

PR-Leute bearbeiten, wie ihre Berufsbezeichnung besagt, die Öffentlichkeit. Journalisten arbeiten nach traditionellem Berufsverständnis für die Öffentlichkeit und sorgen wo angebracht für Öffentlichkeit. Fast kein Unterschied, behaupten vor allem Erstere gern, und es gibt sogar gemeinsame Ausbildungen. Jene, die noch auf die Unterscheidung Wert legen, klagen oft, Presseleute in ausgedünnten Redaktionen seien zunehmend auf den Stoff angewiesen, den ihnen aufgeblähte PR-Apparate von Firmen und Verwaltungen vorkauten.

Auch manche sprachlichen Erscheinungen in der Presse (und anderswo) lassen auf den Einfluss der Öffentlichkeitsbearbeiter schliessen. Das beginnt bei der Bezeichnung für deren Tätigkeit: Sie kommunizieren das, was ihre Arbeitgeber unter die Leute bringen wollen. Und schon kommunizieren auch Politikerinnen und Vereinspräsidenten, und in den Gazetten steht dann, sie hätten dies und das kommuniziert. Dabei kann man das gar nicht: etwas kommunizieren. Zum Kommunizieren braucht es mindestens zwei, und die kommunizieren dann miteinander, nicht etwas. Die eine Seite teilt etwas mit, und damit Kommunikation zustande kommt, muss die andere reagieren und mindestens zu erkennen geben, ob sie es verstanden hat. Das könnte den Berufskommunikatoren so passen: Sie rufen, und man nimmts zu Kenntnis, ob man will oder nicht.

Leider ist es oft tatsächlich so, und deshalb verbreiten sich weitere Unsitten. Zumindest drängt sich Verdacht auf, sie stammten aus PR-Küchen, besonders wenn diese englische Zutaten verwenden. Sie pushen damit das Image ihres CEO oder kommen dem worst case zuvor, indem sie proaktiv den Paradigmenwechsel implementieren. Sie lassen auch einfach Dinge verschwinden, zum Beispiel den Bindestrich, wo es ihn auf Deutsch bräuchte, nicht aber auf Englisch: Ihr Opel Händler lässt grüssen. Anglizismen sind indes nicht das einzige Kennzeichen – Euphemismen verraten die PR-Handschrift ebenfalls: Genügend weit redimensioniert, schlucken die Redaktionen auch Lohnanpassungen.

© Daniel Goldstein