Sprachspiegel-Buchtipp, April 2019
Handliches
Glossar zur Vielfalt
des Deutschen in der Schweiz
Daniel Elmiger: Deutsch undeutlich. Eine Begriffsreise durch die vielfältige deutsche Sprache in der Schweiz. Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften, Bern 2019. 85 S., gratis bei: SAGW, 3001 Bern (auch als PDF: www.sagw.ch)
Bücher über die deutsche Sprache sind meist Wälzer. Dem in Genf lehrenden Luzerner Linguisten Daniel Elmiger reicht ein Bändchen, um unseren Sprachkosmos begrifflich zu erfassen. Deutsch und deutlich sagt er schon mit dem Haupttitel «Deutsch undeutlich», dass das Bild der Sprachlandschaft unscharf bleiben muss. Daran würden auch tausend Seiten nichts ändern, denn: «Je genauer man hinschaut, desto vielfältiger und undeutlicher wird das, was gemeinhin unter ‹Deutsch› zusammengefasst wird.»
Der Autor wählt die Form eines Glossars, um die Vielfalt sichtbar werden zu lassen. Stichwörter wie Dialekt, (Schweizer) Hochdeutsch, Mundart, Schriftdeutsch, Standardsprache drängen sich in der Schweiz geradezu auf, um das Spannungsfeld zu umreissen. Unter Muttersprache steht nichts zur Streitfrage, was denn die M. der Deutschschweizer sei; unter Vatersprache findet sich immerhin Dürrenmatts Bekenntnis zu Hochdeutsch als V., nicht aber jenes zu Berndeutsch als M. Unter Zweisprachigkeit schliesslich schreibt Elmiger salomonisch: «Mir selber widerstrebt es, Hochdeutsch als eine ‹erste Fremdsprache› zu betrachten – aber ich kann es denen, die es anders sehen, auch nicht verwehren.»
Neben den Kantonsmundarten, die er summarisch abhandelt, führt er auch die zwei amtlich anerkannten «nichtterritorialen schweizerischen Sprachen» an. Bei Jiddisch erwähnt er das einheimische – wenn auch praktisch ausgestorbene – Surbtaler J. nur in der Bibliografie; im Eintrag selber dominiert der Aspekt, dass für J. keine staatliche Förderung beansprucht wird. Unter Jenisch wiederum steht über die Förderung nichts, obwohl es sie gibt. Die Deutschschweiz wird ausgeleuchtet bis nach Samnaun (im Erstdruck «ganz im Nordosten» verortet); einzelne Einträge betreffen die anderen Landessprachen, die Gebärdensprache, das ganze deutsche Sprachgebiet inkl. Geschichte und die Aussensicht aufs Deutsche, sogar die chinesische.
Wie ein ungewollter Kommentar zu «Deutsch undeutlich» wirkt es, dass auf dem Titelblatt «swiss academies reports (Vol. 14, № 1)» weit auffälliger steht als der Buchtitel.
© Daniel Goldstein (Sprachspiegel – www.sprachverein.ch)