Sprachspiegel-Buchtipp, Okt. 2017

Sprachpflege auf dem zeitgeistigen Narrenschiff

Christoph Fackelmann: Der gute Ton auf dem Narrenschiff. Lepanto, Rückersdorf 2017. 260 S., ca. Fr. 20.–

Der Autor war bis letztes Jahr Schriftleiter der «Wiener Sprachblätter – Vierteljahresschrift für gutes Deutsch und abendländische Sprachkultur». Seine Sammlung dort und anderswo erschienener Betrachtungen nennt er im Untertitel selbstironisch «Sprachkritische Nörgeleien für unverbesserliche Kulturpessimisten». Diese Sprachkritik ist eng verzahnt mit Gesellschaftskritik: «Während die halbe Nation in wachsender Verzückung nach der Pfeife der Zuchtwarte politischer Korrektheit tanzt und Götzendienst am ‹Binnen-I› verrichtet, verliert die solcherart gemassregelte Muttersprache einen angestammten Lebensraum nach dem anderen an den Zungenschlag von Burger King und Pepsi Cola.»

Angloamerikanisches durchdringt nicht nur die Lebensräume, sondern auch die auf Fackelmanns «Narrenschiff» geltenden Normen, mit Managerfloskeln bis weit hinein in die Politik und Effizienzdenken bis tief ins Unterrichtswesen. Demgegenüber verficht der Autor klassische humanistische Bildungsideale und konservative Gesellschaftswerte mit der Familie aus Mann, Frau und gemeinsamen Kindern als «Lebenszelle» der Nation, deren Angehörige das «höhere Recht» haben, «unverwässert zu bleiben». Volk ist für ihn «die Schicksalsgemeinschaft, die Land, Geschichte, Tradition, Geist und Herzenskultur formen – und die Sprache besiegelt». Gerade ein solches Volk sei gegenüber Flüchtlingen zu «Liebe und Barmherzigkeit» fähig.

Spottgeburten, Sprachpolizisten

Des Volkes Regierung aber hätte «die Grenzhoheit wahrzunehmen», statt (in Österreich) von «Grenzmanagement» zu reden – «eine jener atemberaubenden Spottgeburten, die derzeit aus den von Sprachpolizisten gesicherten Kreisssälen der Macht geradezu im Akkord entspringen». In leidenschaftlicher, zuweilen anspruchsvoller und anspielungsreicher Sprache zeigt Fackelmann das, was in der Schweiz einst «hochgemuter Pessimismus» hiess (und durch finstere Zeiten half, in denen ein – an der angeblichen Rasse nebst der Sprache festgemachter – Volksbegriff nicht bedroht, sondern bedrohlich war).

Theateraufführungen, wie sie heutzutage zum Narrenschiff passen, bekräftigen Fackelmanns Pessimismus. Trost findet er in Büchern geistesverwandter Autoren. Einige Rezensionen runden den sorgfältig (und in alter Rechtschreibung) herausgegebenen Sammelband ab.

© Daniel Goldstein (Sprachspiegel – www.sprachverein.ch)