Sprachspiegel-Buchtipp, Juni 2017

Martin Luther – ein Mann, ein Wörterbuch

Hartmut Günther: Mit Feuereifer und Herzenslust. Wie Luther unsere Sprache prägte. Dudenverlag, Berlin 2017. 128 Seiten, ca. Fr. 18.–

Mit Feuereifer und Herzenslust ging Luther ans Werk der Bibelübersetzung, und er hat dabei auch diese beiden Wörter geprägt, wie so viele andere. Der emeritierte Kölner Deutschprofessor Hartmut Günther hat seinen Buchtitel gewiss in diesem Doppelsinn gemeint, denn der schmale Band ist überaus sorgfältig ausgearbeitet und mit Anleihen aus alten Büchern gestaltet. Wie Luther «dem Volk aufs Maul» schaute, so redet Günther dem Volk ins Ohr: mit anschaulichen Beispielen, die für jeden der 76 ausgewählten Ausdrücke an heutige Lebenswelten anknüpfen. Auf Luthers Übersetzungsmethoden geht die biografische Einleitung besonders ein.

Wenn er die Wortprägungen betrachtet, geht es dem Autor weniger darum, Luthers Eigenleistung genau abzugrenzen, als darum, wie die Sprache des Reformators bis heute fortwirkt. Sichtbar wird das etwa beim «Buch mit sieben Siegeln», einer wörtlichen Übersetzung, wie sie auch in englischen und französischen Bibeln steht, ohne dass in jenen Sprachen eine Redewendung daraus geworden wäre. Auch «Feuereifer» ist nah am Original, nur dass dort der verzehrende Eifer des Höllenfeuers gemeint ist. «Herzenslust» aber ist eine freie, umschreibende Schöpfung. In anderen Fällen hat sich Luther bereits bestehender Redensarten bedient, von denen er auch eine Sammlung anlegte.

© Daniel Goldstein (Sprachspiegel – www.sprachverein.ch)