«Der Bund», 4.  3.  2016

Lesen Sie diese Premium Kolumne!

Und schon sind Sie hereingefallen! Denn der Titel enthält zwei eindeutige Warnungen vor kommerzieller Anmache. Da ist einmal «premium»: Zwar zeigt nicht jedes englische Wort schon, dass sich jemand interessant machen und damit Wasser auf seine Mühle lenken will, aber bei «premium» kann man ziemlich sicher sein. Das Wort bedeutet zunächst «Prämie», die man für eine Versicherung zahlt oder für eine besondere Leistung bekommt. Bereits im lateinischen «praemium» (Vorrecht, Preis, Belohnung u. a. m.) steckt «kaufen» (emere). Zudem ist im Englischen ein Aufpreis gemeint oder die spezielle Qualität eines Guts, die diesen Zuschlag rechtfertigen soll.

In letzterem Sinn steht «premium» schon seit 1991 im Rechtschreibduden, und der will es deutsch ausgesprochen haben, mit langem e; auch «Premiummarke» ist dazugekommen. So eine hat, unter diesem oder einem anderen Namen, jede Handelskette, die auf sich hält. Es kommt noch besser. In einer Broschüre über Augst schrieb der basellandschaftliche Bildungsdirektor 2007: «Das Römische Theater ist eine Premium Historic Site». Gibt es vielleicht eine Organisation, die unter diesem Namen erlesene Ausgrabungsstätten vereint? Das könnte eine Entschuldigung sein, aber ich habe im Internet nichts dergleichen gefunden. Hingegen ist ein Premiumwanderweg einer, dem das Deutsche Wanderinstitut sein Siegel verliehen hat; in der Schweiz hat es der Gommer Höhenweg erhalten.

Und welches Indiz macht die «Premium Kolumne», ganz ohne Siegel, sonst noch verdächtig? Wer diese Kolumne schon länger liest, weiss es: der fehlende Bindestrich, oder sprachdogmatisch gesagt das Fehlen des Bindestrichs (weil etwas, das fehlt, ja auch nichts tun kann). Nachdem die Werbeberater ihrer Kundschaft mit grossem Erfolg eingebläut haben, den Firmennamen nicht mit einem anderen Wort zu verbinden, fiele es geradezu auf, wenn sich etwa ein Autoimporteur als «Panhard-Vertreter» anpriese – mit Bindestrich so altertümlich wie die längst verflossene Marke.

Ob das Weglassen des Strichleins der Alleinstellung des Firmennamens dient oder eine Anlehnung ans Englische ist («Chrysler dealer»), braucht uns nicht zu kümmern: Es kann ja beides zugleich sein. Weil es so bequem ist, Wörter unverbunden aneinanderzureihen, macht die Manie nicht an der Ladentür halt: Im «Cogros Supermarkt» gibt’s eine «Berliner Aktion», was nicht etwa ein Verkauf nach Berliner Art ist (mit geschliffenem Mundwerk etwa), sondern ein Gebäckangebot – pardon: Gebäck Angebot.

Warum aber soll man solche Wortverbindungen überhaupt zusammenschreiben und damit zuweilen jene Wortungetüme schaffen, für die das Deutsche berüchtigt ist? Es liest sich ja bequemer in Einzelwörtern, und wenn sie zusammengehören, merkt man das (fast) immer, nicht einmal Bindestriche sind dazu nötig. Im Englischen ist es auch nicht so, dass das blosse Aneinanderreihen ständig Zusammenhänge verwischt: Bei «bankrupt Chrysler truck dealer» ist sofort erkennbar, dass der Händler bankrott ist, nicht etwa die Marke oder der Lastwagen.

Man könnte nun sagen, auch im Deutschen lägen eigentlich Anreihungen vor und das Zusammenschreiben sei eine willkürliche Vorschrift. Aber weitere Eigenschaften unserer Sprache zeigen, dass da eben tatsächlich neue Wörter gebildet werden. Da ist einmal der Artikel: «die Laden Kette» tönt nicht nur blöd, sondern sie ist es auch. Und sie wird es erst recht, wenn man sie dekliniert: «der Bankrott der Laden Kette». Nur das Zusammenschreiben von «Ladenkette» bewirkt, dass der Artikel sofort richtig zugeordnet und der Genitiv erkennbar wird. Bei Infinitiven wirkt die Verbindung ebenfalls Wunder: Wer das Autofahren beherrscht und einen Panhard hat, darf das Auto fahren. Wer aber «das Auto Fahren lernen» oder «das Auto fahren verdammen» will, beherrscht das Deutsche nicht.

© Daniel Goldstein (sprachlust.ch)